Final Fight: Liverpool bestreitet am Samstagabend gegen Real Madrid ihr letztes Saisonspiel, bevor die Sommerpause anbricht. Eine Spielzeit die aufregend, denkwürdig und kräftezerrend war.
Was soll der Redmen noch dazu sagen? Die Reds stehen im Champions-League-Endspiel und können dabei Geschichte schreiben. Der sechste Titel ist zum Greifen nah. Die Reise begann für die Klopp-Mannen im vergangenen August, als Hoffenheim in der Qualifikation eliminiert wurde. Als ungeschlagener Tabellenführer setzte sich der Tabellenvierte der Premier League in der Gruppe E gegen Sevilla, Maribor und Spartak durch.
Im Achtelfinale folgte Porto. Beim 5:0-Hinspiel-Sieg im Estádio do Dragão bekam der portugiesische Meister die geballte Offensivkraft Liverpools zu spüren. Es war einer der komplettesten Auftritte 2017/18.
In der Runde der letzten Acht wurde mit Manchester City der wohl schwierigste Gegner zugelost. Buchmacher und Experten waren sich einig: Pep Guardiola würde die Champions-League-Träume von Klopp vorzeitig beenden. Es kam allerdings anders, mit einem Gesamtergebnis von 5:1 hatte der englische Meister (100 Punkte) nichts entgegenzusetzen.
Letztlich folgte im Halbfinale die Roma. Die “Giallorossi” kam in Anfield frühzeitig unter die Räder, ehe zwei späte Auswärtstore die Italiener am Leben ließen Aber, ein weiteres Wunder von Rom blieb aus. Die Römer gewannen zwar das Rückspiel mit 4:2 und fügten Liverpool die erste Niederlage in der Königsklasse zu, für den Finaleinzug reichte es hingegen nicht: 7:6 für den fünffachen Europapokalsieger von der Merseyside.
Erfahrung gegen Hunger
Nun wartet am Samstagabend niemand geringerer als der Titelverteidiger aus Madrid. Mehr noch: Die “Blancos” können nach den Triumphen 2014, 2016 und 2017 den lupenreinen Hattrick perfekt machen. Mit dem vierten Finaleinzug innerhalb von fünf Jahren stehen Salah und Co. einem gigantischen Endgegner gegenüber.
Nur wenige Teams in der Geschichte des Europapokals haben in diesem Wettbewerb eine solcher Gewinnermentalität aufgebaut. Von Alfredo di Stefano über Ferenc Puskás zu Cristiano Ronaldo: Die “Königlichen” wissen wie ein Endspiel zu bestreiten ist. Ihre Erfahrung könnte ein großer Pluspunkt werden.
Ich denke, es gibt keine Wörter die ausdrücken können, welcher Stellenwert der Gewinn des Henkelpotts für Klopp, Spieler, Fans und Stadt hätte. Der Gedanke alleine, dass Liverpool im Ausnahmezustand wäre, löst pure Gänsehaut aus. Der unbekümmerte Super Mario machte schon in den 90er Jahren jedes Kind glücklich, als König Bowser entwaffnet wurde. Warum also auch nicht in Kiew?
Reals Mittelfeldstratege Toni Kroos beschrieb den Genger beim UEFA Medientag mit den richtigen Worten: “Wir werden elf Tieren gegenüber stehen, alle werden bei 100 Prozent sein”, sagte der Weltmeister.
Zidane um Schadensbegrenzung bemüht
Nachdem Barcelona den spanischen Rekordmeister mit 17 Punkten hinter sich gelassen hat, war der Meistertitel futsch. Die Copa del Rey ging ebenfalls an die Katalanen. National wankelmütig, europäisch eine Macht.
Die Zidane-Truppe ließ sich weder von Medien, noch vom kritischen und erfolgsverwöhnten Hauptstadt-Publikum aus der Fassung bringen. In der Champions League wurde abgeliefert – auch wenn gegen Juventus und Bayern München eine Menge Glück im Spiel war.
Dem französichen Cheftrainer ist es zu verdanken, dass diese Jahrundert-Elf seit mehreren Jahren erfolgreich zusammenspielt. Die legendäre Nummer 10 formte aus dem Star-Ensemble eine echte Einheit, Egoismus hat dabei keinen Platz.
Die Madrilinen befinden sich in einer beneidenswerten Pole-Position. Im Gegensatz zu seinem deutschen Trainerkollegen, kann Zidane aus dem Vollen schöpfen. Dani Carvajal und Marcelo zählen auf ihren jeweiligen Positionen zur Elite. Unterstützt werden beide von Welt- und Europameister Sergio Ramos sowie von Mourinhos Ziehsohn Raphaël Varane.
Im Mittelfeld stehen Abräumer Casemiro, Kroos und Luka Modrić der Defensive um absolut nichts nach. Prädikat: Weltklasse. Im Angriff hat Zidane die Qual der Wahl. Ronaldo ist zweifellos gesetzt; der fünfache Weltfußballer will mit Hilfe von Karim Benzema, Gareth Bale oder Isco die alleinige Herrschaft in der Historie des Fußballs übernehmen. Zusätzlich sind die Youngsters Marco Asensio und Lucas Vázquez in der Lage jede Abwehr zu beschäftigen. 4-3-1-2, 4-4-2 oder 4-3-3, alle Systeme sind möglich.
Team News
Doch genug mit Lob für den Gegner. Wenn man eines nicht tun sollte, dann die Reds abzuschreiben. Dabei möchte ich gar nicht die klischeehafte Nacht von Istanbul aufgreifen. Dieser Verein besitzt eine gewisse DNA, die seinesgleichen sucht. Jene DNA, die schon vielen Teams zum Verhängnis wurde. In Spanien wird dem LFC die Gewinnermentalität abgesprochen. Ist mehr Motivation nötig?
Alex Oxlade-Chamberlain, Joe Gomez und Joel Matip werden ihre bisher größte Nacht verpassen. Aus der Not eine Tugend machen, wer ist dafür geeigneter als unser Boss? Ein großes Rätselraten ist die Aufstellung beileibe nicht.
Im Tor wird Loris Karius versuchen über sich hinauszuwachsen. Andrew Robertson hält sich immer noch vor Augen, dass er vor einigen Jahren noch Tickets in Schottland verkaufte, Abwehrchef Virgil van Dijk will polemische Kritiker (Mama, der ist sowas von überbewertet) zum Schweigen bringen und Kroatien drückt Dejan Lovren die Daumen. Den Abschluss macht unser zukünftiger Skipper und Eigengewächs Trent Alexander-Arnold. Was für eine Entwicklung, was für ein Aufstieg. Chapeau. Nächster Halt: Ronaldo in die Tasche packen? Es wäre die ultimative Krönung einer utopischen Jung-Karriere.
Jordan Henderson wird die Mannschaft anführen, wohl wissend, dass er kurz davor steht in die Fußstapfen von Emlyn Hughes, Phil Thompson, Graeme Souness und Steven Gerrard zu treten. Gini Wijnaldum und James Milner sind neben Hendo im Zentrum gesetzt. Das Trio will ihr Werk vollenden. Emre Can und Adam Lallana könnten eventuell zu einem späteren Zeitpunkt zum Einsatz kommen.
Zu Mohamed Salah, Sadio Mané und Roberto Firmino bedarf es keine Worte mehr. Die Terror Squad (29 Tore) ist das Aushängeschild dieses Team. Der sechste Titel geht nur über die Drei. Hinter dem Ägypter und Senegalesen steht ein ganzer Kontinent. Für Salah geht es dabei auch um den Ballon d’Or.