Der englische Fußballverband “FA” hat am Mittwochnachmittag grünes Licht für die Wiedereinführung von Stehplätzen im englischen Profifußball gegeben. Demnach will sich die “The Football Association” zukünftig für Stehplätze einsetzen, sofern alle Sicherheitsbedenken ausgeräumt sind.
Sportministerin Tracey Crouch kündigte bereits vor Wochen an, dass eine gründliche Analyse durchgeführt werden müsse, um möglicherweise erstmals Sitzschalen in der Premier League zu entfernen (Gründungsjahr 1992). Der Bericht soll bis Weihnachten zur Präsentation freigegeben werden. Dabei sollen laut Times die Klubs und deren Anhänger selbst zwischen Steh- und Sitzplätzen wählen können – unter der Voraussetzung, dass Sicherheit und Schutz voll gewährleistet sind.
Eine Abstimmung der Fanvereinigung “Spirit of Shankly” im Jahr 2017 ergab, dass 88 Prozent der Fans die Einführung von Stehplätzen an der Anfield Road befürworten würden. Sprecher Jay McKenna zeigte sich angesichts der hohen Beteiligung überrascht: “Dass sich so viele Fans daran beteiligen haben, damit wir wirklich nicht gerechnet.” Mehr als 18.000 Fans votierten für eine Rückkehr der Stehtribüne im Kop.
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Ein heikles Thema in Liverpool
Wer denkt, die Rückkehr einer Fantribüne wäre in Anfield ein leichtes Unterfangen, der irrt gewaltig. Hillsborough ist und bleibt an der Merseyside untrennbar omnipräsent und gehört zum traurigen Kapitel der Klubgeschichte. Bei der Stadionkatastrophe von Sheffield 1989 kamen 96 Anhänger beim FA-Cup-Spiel der Reds qualvoll ums Leben. Fast drei Jahrzehnte dauerte die Aufarbeitung und der Kampf für Gerechtigkeit. Heute ist klar, die Behörden tragen die Hauptschuld.
In der Folge der Tragödie wurde im Auftrag des Thatcher-Regimes der “Taylor Report” erstellt. Dabei sprach sich Lord Taylor of Gosforth für die Abschaffung der Stehplätze aus. Doch die Entscheidung hatte auch einen finanziellen Grund – Sitzplätze ließen sich teurer verkaufen. Die Hinterbliebenen der Opfer haben sich bisher stets gegen Stehplätze ausgesprochen. Die Einführung wäre für viele Angehörige “ein Schritt in die falsche Richtung“. Es gibt aber auch Befürworter wie Louise Brookes, die ihren Bruder Andrew (26) bei der Hillsborough-Katastrophe verlor. “Wenn stehen so gefährlich ist, warum sterben dann nicht ständig Menschen auf Festivals?” Außerdem fügt sie hinzu: “Fans sollten die Wahl zwischen sitzen und stehen haben.” Eine konstruktive Aufklärung könnte möglicherweise Abhilfe schaffen.
Der schottische Traditionsklub Celtic führte im Sommer 2016 „Safe Standing“ im Celtic Park ein. 2.600 Plätze wurden dafür zur Verfügung gestellt. Der Klub entwickelte in Zusammenarbeit mit den Behörden ein vielversprechendes Konzept, ehe das Pilotprojekt nach fünf Jahren abgesegnet wurde. “Celtic hat unermüdlich zu diesem Thema gearbeitet und wir freuen uns, dass die Berechtigung nun endlich erteilt wurde”, kommentierte Celtic Geschäftsführer Peter Lawwell die Neuigkeit zu jener Zeit.
Stimmung als Hauptargument
Ein weiterer Befürworter ist unter anderem die Football Supporters Federation (FSF). Fanvertreter Peter Daykin begrüßte die Entscheidung und wies dabei auch auf die fehlende Stimmung in den Stadien hin. “Wir freuen uns, dass sich die Regierung Zeit für die Überprüfung nimmt. Wir wollen ein grundlegendes Verständnis aller Argumente und es ist ein zu wichtiges Thema, um es zu überstürzen.” In der Tat könnte man damit auch ein wenig dem Fußballtourismus entgegenwirken – Senkung der Ticketpreise für Locals wäre eine Maßnahme . Die fehlende Stimmung betrifft vor allem die Top-5-Teams der Premier League. Das letzte Wort ist in Liverpool aber noch lange nicht gefallen.