Liverpool trifft am Mittwochabend auf den vermeintlich leichtesten Gegner in der Champions-League-Gruppenphase der Gruppe C – Roter Stern gastiert an der Anfield Road.
In der Premier League läuft es für die Reds wie am Schnürchen. Durch einen mühevollen 1:0-Auswärtserfolg am vergangenen Wochenende in Huddersfield, führt das Team von Jürgen Klopp gemeinsam mit Manchester City die Tabelle an. In der Königsklasse hingegen ist der Vorjahresfinalist etwas unter Zugzwang – insbesondere, weil man am zweiten Spieltag gegen Napoli im Sao Paolo einen Last-Minute-Treffer hinnehmen musste und die Partie letztlich verdient verlor.
Um auf das Achtelfinale blicken zu können, sind sechs Punkte aus zwei Begegnungen gegen den serbischen Meister Pflicht. Alles andere wäre fatal und könnte angesichts der aktuellen Tabellensituation das Mindestziel massiv gefährden. Umso mehr hoffen Fans als auch Spieler selbst auf eine weitere magische “Anfield European Night”.
Wie es gehen kann, zeigte PSG am letzen Spieltag vor drei Wochen. Im Prinzenpark fertigen die Franzosen die Gäste mit 6:1 Gäste ab. Und es hätte sogar noch deutliche ausfallen können, nur ein “Sahnetag” von CZ-Keeper Milan Borjan verhinderte Schlimmeres. Ähnlich wird auch das Spiel heute Abend ablaufen – viel Ballbesitz und Geduld der Hausherren. Sollte es jedoch zu einen frühen Führungstreffer kommen, könnte es für Liverpool in einem Spielrausch enden.
Letztes Duell 1973
Liverpool traf auf den 28-maligen Meister zuletzt im November 1973. Unter der Obhut des großen Bill Shankly sollte der frischgebackene englische Meister und UEFA-Pokal-Sieger nach zwei Siegen (Hin- und Rückspiel) über den luxemburgischen Meister Jeunesse Esch in der ersten Runde, im Achtelfinale Roter Stern aus dem Weg geräumt werden. Manager und Spieler waren sich sicher: Die Jugoslawen stellen keine große Gefahr dar.
Doch wie so oft im Fußball kam es anders, komplett anders. Im Hinspiel des berühmten “Marakana” setzten sich die ballsicheren Serben von Coach Miljan Miljanić mit 2:1 durch, auch das Rückspiel an der Anfield Road ging mit 2:1 an Roter Stern. Der Kop erkannte die monströse Leistung und verabschiedete die Gäste unter verdienten Applaus. Doppeltorschütze Chris Lawler gestand in einem späteren Interview, den Gegner völlig unterschätzt zu haben.
Shankly selbst, begann sich und seine Taktik zu hinterfragen. “Uns wurde gezeigt. dass das Spiel von hinten aufgebaut werden muss. Das ist die einzige Art zu spielen”, so die Manager-Ikone. Es änderte vieles. Sieben Monate später legte Shankly im Juli 1974 nach 15 Jahren sein denkwürdiges und legendäres Traineramt nieder. Co-Trainer Bob Paisley trat ein schweres Erbe an, der Rest ist Fußballgeschichte.
Ein sinkender Stern
Der Traditionsverein und Tabellenführer der Super Liga, der sich noch nie zuvor für die 1992/93 eingeführte Champions League qualifiziert konnte, holte nur zwei Spielzeiten zuvor den Europapokal der Landesmeister. Im Finale von Bari setzte sich Roter Stern (offiziell: FK Crvena Zvezda) gegen Olympique Marseille mit 5:3 im Elfmeterschießen durch.
Anschließend folgte ein düsteres und trauriges Kapitel in der Geschichte des einst erfolgreichen jugoslawischen Klubfußballs. Auf Anweisung des europäischen Fußballverbandes UEFA durfte der Weltpokalsieger die Titelverteidigung nicht mehr vor heimischer Kulisse im legendären „Marakana“ (heute Stadion Rajko Mitić) verteidigen. Der Verein musste nach Ungarn und Bulgarien ausweichen. Die Reise endete gegen Sampdoria in der Finalrunde und der Jugoslawienkrieg war inzwischen omnipräsent.
Ein aufgehender Stern verschwand auf internationale Bühne im Niemandsland. Ehemalige Starspieler wie Dejan Savićević, Robert Prosinečki, Siniša Mihajlović und Darko Pančev wechselten daraufhin in die italienische Serie A. Der Stadtrivale Partizan Belgrad nutzte ich Gunst der Stunde und holte in den darauffolgenden zwei Jahrzehnten insgesamt 26 nationale Titel (16 Meisterschaften/10 Pokalsiege). Roter Stern hingegen war in diversen Skandalen und Pleiten verwickelt. Doch die Atmosphäre, treue Anhängerschaft und der Mythos blieb.
Team News
Das Lazarett in Melwood erlebt aktuell Hochkonjunktur. Kapitän Jordan Henderson (Kniesehne) und Naby Keita (Oberschenkelverletzung) werden Alex Oxlade-Chamberlain und Rhian Brewster Gesellschaft leisten. Beide stehen wie bereits gestern von Klopp in der Pressekonferenz kommuniziert nicht zur Verfügung.
Sadio Mané ist nach einer Daumen-OP wiederum startklar und wird neben Mohamed Salah und Roberto Firmino versuchen, die gegnerische Abwehr zu terrorisieren. Belgrads Rechtsverteidiger Filip Stojković hat da eine noch deutlichere Meinung: “Liverpool hat mit Salah, Firmino und Mané den besten Angriff der Welt. Wir können nur hoffen, dass sie einen schlechten Tag erwischen.”
Trent Alexander-Arnold hat seit der Niederlage in Napoli kein Spiel mehr bestritten, auch nicht gegen Huddersfield. Stattdessen wurde Joe Gomez auf die Außenbahn gezogen. Ob der 21-Jährige wieder auf seine Lieblingsposition in der Innenverteidigung zurückkehrt, bleibt offen. Abwehrboss Virgil van Dijk ist selbstverständlich gesetzt.
Durch die Ausfälle im Zentrum, steigen die Chancen für Fabinho. Die brasilianische Allzweckwaffe dürfte von Klopp als Absicherung eingesetzt werden. Auch Xherdan Shaqiri darf sich berichtigte Hoffnungen auf einen Starteinsatz machen. Der Schweizer sorgte gegen die “Terriers” für den entscheidenden Assist. Georginio Wijnaldum und James Milner sind etwas angeschlagen. Daniel Sturridge wird voraussichtlich wieder die Zuschauerrolle einnehmen.
Trainer Vladan Milojević muss auf Innenverteidiger Vujadin Savić, Linksverteidiger Milan Rodić und Mittelfeldspieler Jonathan Cafu verzichten. Der größte Verlust heißt aber Marko Marin. Der ehemalige Bundesliga-Profi zog sich im Meisterschaftsspiel gegen FK Zemun (2:1) eine Verletzung zu. Marin erzielte gegen Paris für seinen Arbeitgeber das erste Tor in der Champions-League-Klubgeschichte.