Der spektakuläre 63-Millionen-Euro-Wechsel im Sommer von der Roma zu Liverpool war in aller Munde. Weniger spektakulär verlief der Umzug von Alisson in den Nordwesten Englands. Der Brasilianer hat sich inzwischen eingelebt und glaubt, dass der Einfluss seiner Landsleute wichtig war.
Nach dem verlorenen Champions-League-Finale gegen Real Madrid war klar, dass die Reds für Loris Karius zwei Hausnummern zu groß sind. Jürgen Klopp verpflichte daraufhin für die damalige Weltrekordsumme Brasiliens Nummer eins. Der Ausgang des Endspiels soll aber keine Rolle bei der Entscheidungsfindung gespielt haben, wie der deutsche Übungsleiter in der Vergangenheit immer wieder bekräftigte.
Der talentierte Gitarrenspieler verschwand in den letzten zwei Spielzeiten zu keinem Zeitpunkt vom Radar. „Ich denke, es ist etwas, was wir tun mussten. Er hat nichts mit dem Preis zu tun, wir haben nichts mit den Preisen am Hut, so ist nun mal der Markt. Daran können wir nichts ändern. Es zeigt aber den momentanen Wert der Torhüter”, sagte Klopp im Juli.
Inzwischen ist Alisson nicht mehr aus dem Kasten wegzudenken. In zehn Premier-League-Spielen kassierte er lediglich vier Gegentreffer. Damit konkurriert er nur noch mit Manchester Citys und Landsmann Ederson (3) um den Goldenen Handschuh 2018/19. Der einzige Bock widerfuhr ihm nach einem misslungenen Dribbling gegen Leicester City.
Für Bestleistungen gehört nicht nur ein intaktes Team zur Tagesordnung, auch ein vertrautes Umfeld ist das Um und Auf im Leben eines Fußballers. In Rom fühlte sich Alisson bereits pudelwohl, doch dem steht Liverpool um nichts mehr nach – trotz neuer Kultur, neuer Sprache und bescheidenen Wetterverhältnissen. Im vereinsinternen Interview auf liverpoolfc.com hob Alisson die Wichtigkeit seine Teamkollegen Roberto Firmino, Fabinho und Alberto Moreno hervor. Letzterer ist zwar kein Brasilianer, aber die spanische Kultur ähnelt der brasilianischen sehr.
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“Ihre Freundschaft hilft mir viel, vor allem beim Einleben. Es ist nie einfach einer neuen Stadt und einer neuen Kultur zu begegnen”, erklärte der 26-Jährige. „Das Wetter ist anders, alles ändert sich einfach – du musst dich an alles anpassen und natürlich auch an die neue Sprache. Die Brasilianer hier anzutreffen hilft mir immens. Es hilft nicht nur mir, sondern auch meiner Familie sich einzuleben. Meine Frau ist mit den anderen brasilianischen Frauen im engen Kontakt.”
“Das hilft mir insofern, da ich weiß, dass es meiner Familie gut geht. Außerdem gibt es ein breites Netzwerk, der Klub bietet alles, was wir benötigen. Ich habe eine großartige Beziehung zu allen meinen Teamkollegen, aber es ist immer gut ein Stück Heimat dabei zu haben.”
Morenos Einfluss
Trotz des Verlustes von “Integrationsbotschafter” Lucas Leiva scheinen sich Brasilianer an der Merseyside wohl zu fühlen. Lucas – deren Kinder unter anderem in Liverpool auf die Welt kamen – verbrachte ein Jahrzehnt bei den Reds und galt seiner Zeit für Luis Suárez, Philippe Coutinho, Sebastian Coates, Maxi Rodriguez, Fábio Aurélio, Allan Souza und Firmino als große Stütze. Was viele Fans immer noch vergessen, auch Fußballer leben ein Leben abseits des Rasens und gehen Freizeitaktivitäten nach. Für Jungfamilien sind vertraute Anlaufstellen daher umso wichtiger.
Hierbei darf auch erwähnt werden, dass Morenos Einfluss in der Umkleidekabine nicht unwichtig ist. Der Spanier hat mit Lucas, Coutinho und Firmino bereits Freunde fürs Leben gefunden. Ein Abgang im kommenden Sommer wäre sportlich zu verkraften, menschlich würde man jedoch eine weitere Schlüsselfigur verlieren. Übrigens: Cliquen sind innerhalb von Vereinen gang und gäbe – dazu zählt beispielsweise auch die Fraktion Jordan Henderson, Adam Lallana und Leihspieler Danny Ings.
Zukünftiger Welttorhüter
Alisson wurde Anfang des Monats für den Ballon d’Or 2018 nominiert, für die The Best – FIFA-Welttorhüter-Wahl reichte es hingegen nicht. Dass der Schlussmann inzwischen zu den besten seiner Zunft gehört, ist unbestritten. Ein persönlicher Titel ist dem 1,94 Meter großen Torwart aber nicht wichtig, wie er im Gespräch hinzufügte. “Eine große Ehre. Es ist schon schwer genug als Torhüter nominiert zu werden, geschweige tatsächlich zu gewinnen. Mein Ziel ist es nicht aber persönliche Auszeichnungen abzuräumen, sondern Titel zu gewinnen.”
Eines ist sicher, ruft Alisson weiterhin solche Leistungen ab, rückt der Titel zum Welttorhüter immer näher. Er wäre seit der Einführung im Jahr 1987 der erster Brasilianer überhaupt. Einen Vorgeschmack gab es bereits in der letztjährigen Königsklasse – 50 Saves gelangen ihm im Trikot der Roma. Ein Rekordwert.