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Kommentar: Lasst die Trolle verhungern

Nach Naby Keita, setzten die Reds mit der Verpflichtung von Virgil van Dijk binnen weniger Monate ein weiteres Statement in Richtung Konkurrenz.

Der Rekordtransfer war für Hater und Trolle ein gefundenes Fressen. Sei es die Summe oder der “08/15 Spieler” aus Holland. Wie oft musste man in den letzten 48 Stunden lesen, dass man für dieses Haufen Schotter gefühlt 20 Boatengs und Hummels hätte bekommen können. In welcher schlechten Computer-Simulation würde Bayern ihre Top-Verteidiger für lau ziehen lassen? Zumal innerhalb der Bundesliga ein komplett anderer Markt herrscht.

Es es absolut sinnbefreit, sich mit Trollen ernsthaft auseinanderzusetzen. Pure Zeitverschwendung. Die FIFA-Experten mit Anglerhut, haben sich keine Sekunde mit dem Klub und den Hintergründen jemals befasst. “Like if you think messi/ronaldo is better than messi/ronaldo”-Fanboys bringen stets den selben SermonReflektion Fehlanzeige. Wo war eigentlich der Aufschrei, als die Turiner in einen 30-Jährigen übergewichtigen Profifußballer aus Napoli 90 Millionen Euro investierten?

Erinnern wir uns zurück, als über den Wechsel von Roberto Firmino von Hoffenheim zu Liverpool gelacht wurde, wie viel Leute griffen sich auf den Kopf, als ein gescheiterter Ägypter aus einer mittelmäßigen Liga zurück auf die Insel geholt wurde, oder als sich jüngst Fußball-Europa über Alex Oxlade-Chamberlain in schlecht animierten GIFs amüsierte?

Nach 117 Einsätzen und 39 Toren sowie 30 Assists, lacht niemand mehr über den Brasilianer – höchstens über seinen Zahnarzt. Zudem verrichtet er als Angreifer soviel Drecksarbeit, dass Top-Klubs für so einen Spielertyp mittlerweile eine Menge Kohle auf den Tisch legen würden, als die 42 Millionen, die vor zwei Jahren nach Sinsheim überwiesen wurden. Über Salah braucht man keine Worte mehr verlieren – Transfer der Saison. Die Römer weinen auf der spanischen Treppe immer noch der Nummer 11 nach.

Monate später gibt es auch – bis auf einige verbitterte Arsenal-Fans – immer weniger Trolle, die Ox über die Social-Media-Kanäle belästigen. Die Leute dürften verstanden haben, dass der 24-Jährige zu einem äußert ungünstigen Zeitpunkt London für Liverpool eintauschte und einfach mehr Zeit benötigte, um sich einzufügen.

Der Neymar-Transfer hat nun mal den Markt durchgeschüttelt, der Markt ist grotesk überhöht, vor allem für Klubs der Premier League. Der TV-Deal bis 2019 bringt der Liga fast 7 Milliarden Euro ein, rechnet man noch die Auslandsvermarktung hinzu, kommen nochmals 3 Milliarden auf das Konto. Darüber hinaus wird der neue Vertrag ab 2019/2020 den aktuellen in den Schatten stellen.

Die Hälfte der Einnahmen geht in gleichen Teilen an die Vereine. In diesen Sphären spielt weltweit nur die amerikanische Football-Liga NFL mit. Wo kleine Klubs, durch den Deal fast über einen Etat wie der deutsche Rekordmeister Bayern München verfügen.

Bedeutet im Umkehrschluss, die Kohle ist da. Kommen noch Faktoren wie Selbstvermarktung hinzu, sowie eine zahlungswillige Fenway Sports Group, kann man sich einen Deal in Höhe von 85 Millionen Euro ohne weiteres leisten. Das hat auch nichts mit einer Reinvestition eines möglichen Coutinho-Transfers zutun. Liverpool zählt immer noch zu den populärsten Vereinen der Welt. Welcher Klub füllt ein Cricket Stadion in Melbourne mit 95.000 Fans?

Van Dijk: „Kann es kann kaum erwarten, dass rote Trikot überzustreifen“

Muss man die Summen für gut befinden? Selbstverständlich nicht. Möchte man wieder Transfers wie Christian Poulsen, Paul Konchesky, Joe Cole oder Sotirios Kyrgiakos haben? Selbstverständlich auch nicht. By the way: Mamadou Sakho wurde für knapp 30 Millionen Euro zu Crystal Palace transferiert, wer ist nun der Depp?

Jeder Fan hat das Recht in Nostalgie zu schweifen und sich an die glorreichen King-Kenny-Zeiten und die Begegnungen gegen St. Etienne zu erinnern bzw. Fake-Zitate von Bill Shankly verbreiten. Und nein, “If you can’t support us when we lose or draw, don’t support us when we win” kam nie aus dem Mund des großen William aus Glenbuck.

Die Kritik an der Umgestaltung Anfields ist auch nur bedingt nachvollziehbar – soll der Stadtteil weiter vor sich hin vegetieren, oder einen neuen wirtschaftlichen Aufschwung erleben? Ex aequo Arbeitsplätze, im Nordwesten Englands nicht gerade ein hohes Gut. Die Hexe hat in ihrer Amtszeit viel negatives angerichet. Über Liverpool One hat sich auf niemand aufgeregt, als 920 Millionen Pfund in das Projekt reingebuttert wurde.

Wir haben immer noch unsere altwürdiges Stadion an der Anfield/Walton Breck Road. Ein Fakt, den sich Fans der Hammers auch gewünscht hätten, als sie ins seelenlose Olympiastadion Londons umzogen und der Boelyn Ground dem Erdboden gleich gemacht wurde.

Um auf das wesentliche zurückzukommen: Möchte man zurück zur europäischen Spitze, sind solche Transfers mittlerweile unumgänglich. Nur mit Akademiespielern und Pseudo-Transfers wird es nicht klappen. No. Nah. Nein. Non. Njet. Ne. Selbst da ist nach Jamie Carragher und Steven Gerrard nichts mehr nachgekommen. In Trent Alexander-Arnold liegen alle unsere Hoffnungen. Mit der Zusammenlegung von Melwood und Kirkby, werden wir schon bald die “La Masia” vielleicht vergessen lassen. Don’t forget: Liverpool hat immer noch die höchste England-Quote aller Top-Klubs.

Die FSG wurde lange für Ihre Zurückhaltung kritisiert, nach der Abweichung der bisherigen Transferstrategie der Klubverantwortlichen, die seit 2015 lediglich Innenverteidiger Steven Caulker im Winter auf Leihbasis herlockten, hat man nun den Geldbeutel geöffnet. Dennoch wird der Klub auch für diese Vorgangsweise kritisiert. Woche für Woche hat ein Großteil Dejan Lovren verflucht, nun holt man mit van Dijk ein Upgrade und wieder ist es falsch. WTF? Nichts gegen Brendan Rodgers, aber die Marke Klopp hat eine enorme Anziehungskraft. Diesen Umstand nicht auszunutzen, wäre absolut fährlässig.

Nur wegen diesem Typen mit optischer Brille aus dem Schwarzwald, kamen Transfers wie Salah (man hat nicht nur ihn verpflichtet, sondern eine ganze Nation), Mané, Keita, Ox oder van Dijk zu Stande. Keita entschied sich gegen Barcelona, van Dijk gegen den neuen Meister Manchester City und Ox gegen Chelsea. Jungs, die vom Projekt “Klopp-Dynastie” absolut überzeugt sind. Hunrige Jungs, die man benötigt, um “Silverware” zu gewinnen.

Der Klub hat endlich gelernt schnell zu reagieren, sei es eine Delegation nach Chile zu schicken, um Bobby zu überzeugen bzw. United auszustechen, nach Sachsen zu reisen und Dosen für Keita einzutauschen oder eine medizinische Abteilung nach Bournemouth zu entsenden. Wobei bei van Dijk keine Überzeugungskraft mehr nötig war. Der 26-Jährige ist mehr oder weniger der beste Innenverteidiger, den die Reds hätten verpflichten können. Einer der besten Europas, der die Premier League kennt – über sein Profil hat sich sein Entdecker ausführlich geäußert.

Virgil van Dijk: Ex-Celtic-Scout begrüßt den Transfer

Die Handlungen sollte man aus einem anderen Blickwinkel betrachten. Hier setzten die Klub-Bosse ein weiteres Zeichen. Klopps Rücken wurde gestärkt, der Beweis für bedingungslose Unterstützung. Für Michael Edwards wurde zudem ein Posten eines klassischen Sportdirektors erschaffen, was es in dieser Form in England noch nicht gab. Das alte komplizierte Transfer-Komitee ist Geschichte.

Der Cheftrainer wollte mit aller Macht van Dijk und Keita, letztlich bekam er beide. Davor wurden Sadio Mané und Gini Wijnaldum verpflichtet, alles Wunschspieler. Was wollen wir mehr? Zeiten, nach denen sich Rafa Benitez unter der Herrschaft von Tom Hicks und George Gillett gesehnt hätte. Eine der Hauptgründe, warum es zur Trennung kam. Viel wurde dem Spanier versprochen, fast nichts wurde eingehalten.

Kritiker sollten sich vor Augen halten, dass Liverpool vor einigen Jahren noch ein krisengebeutelter Klub war. Die Reds standen kurz vor vem Ruin, wie einst Leeds United. Seit der Übernahme der FSG im Jahr 2010 ging es wirtschaftlich praktisch nur noch bergauf. Liverpool verdreifachte seinen Wert. Sportlich waren die Zeiten unter Eule Hodgson allerdings nur grausam.

Mit dem lukrativen Hauptsponsor Standard Chartered wurde der Vertrag vorzeitig verlängert, mit Warrior bzw. New Balance wurde ein zahlungskräftiger Ausrüster ins Boot geholt. Für 115 Millionen Pfund wurde eine neue Haupttribüne errichtet (Anfield Road Stand ist das nächste Projekt). Peter Moore wurde als Geschäftsführer installiert. Partner wie Western Union oder Konami waren die Folge. Eigentümer, die sich Fehler eingestehen und zum Umdenken bewegt wurden, siehe Ticket-Protest.

Marketing wurde seinem Namen wieder gerecht. Keine 24 Stunden nach der offiziellen Verpflichtung von Klopp, konnten Fans bereits unzähliges Merch erwerben. Beim Champions-League-Sieg 2005 musste man selbst Wochen nach dem Titelgewinn vergebens auf Fanartikeln warten.

Was ist das wahre Problem vieler Fans? Schämt man sich, weil sich ein Traditionsverein wie Liverpool vermeintlich kaum noch von anderen Klubs unterscheidet? Ist es einem unangenehm? Wobei man noch lange nicht in der Liga von Real, City, Chelsea, United oder PSG mitspielt. Sieht man sich die jüngsten Zeiträume an, sind da noch Lichtjahre dazwischen.

Klopp hat bereits gegengelenkt und eine Gehaltsobergrenze für Youngsters eingeführt. Unser bester Spieler (Coutinho), bezieht ein Wochengehalt von £200.000. Zum Vergleich: Yaya Toure verdient in seinem letzten Vertragsjahr £300.000. Spieler wie Nani, haben sogar während ihrer Leihe nach Portugal in dieser Größenordnung abgecasht.

“Bevor wir einen Spieler verpflichten, der nicht viel besser ist als das, was wir haben, setzen wir auf unsere eigenen Jungs. So sollte unsere Zukunft aussehen, sogar in dieser verrückten Transferwelt”, sagte Klopp vor Wochen.

Offensichtlich haben wir aber nichts besseres für die Abwehr, als das, was wir bisher hatten. Also sollte man ihm diesen Satz auch nicht unter die Nase reiben. Welcher der Top-Trainer hat Spieler geformt und zu Stars gemacht? Die Vita von Klopp liest diesbezüglich ziemlich lobenswert.

“Fans sollten den Preis vergessen. Wir reden nur über den Spieler (Virgil van Dijk) und was er mitbringt: Qualität, Mentalität und Charakter. Deshalb freuen wir uns sehr über die Verpflichtung.” – Jürgen Klopp

Bei keinen der Neuverpflichtungen handelt es sich um fertige Top-Stars. Fernando Torres, Luis Suárez oder Philippe Coutinho wurden erst vor dem Kop zu Superstars. Ist die Fankultur, für die man uns beneidet nicht mit Geld vereinbar? Against modern football?

Am Ende des Tages ist es nicht unser Geld, sondern das der Besitzer. Wo wiederum Vollprofis am Steuer sitzen und wissen was sie tun. Das sind nichts anderes, als eine Anlage-Strategie. Main Stand wurde nicht einfach so umgebaut, für die nächsten Jahre sind natürlich Mehreinnahmen zu erwarten.

Mag sein, dass mir der eine oder andere nach dem Lesetext Naivität und blinden Aktionismus vorwerfen wird. Doch wird haben die Wahl: Spielern wie Jordan Henderson weiterhin die Pest an den Hals wünschen, uns mit Zahlen beschäftigen, oder uns geschlossen hinter die Mannschaft stellen, damit wieder Erfolge gefeiert werden können. Menschlich ist der Liverpool Football Club immer noch über jeden Zweifel erhaben, so sollte es auch bleiben.

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