Es war im April 2016 DAS Thema an der Anfield Road: Nach einem positiven Dopingtest wurde der damalige Liverpool-Innenverteidiger Mamadou Sakho von der UEFA vorläufig gesperrt. Drei Jahre später bläst der Franzose gegen die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) zum Gegenangriff.
Der damals 26-Jährige war nach dem Europa-League-Achtelfinal-Rückspiel bei Manchester United (1:1) am 17. März angeblich positiv auf einen nicht erlaubten Fatburner getestet worden.
Daraufhin wurde der französische Nationalspieler vom europäischen Fußballverband UEFA vorläufig für 30 Tage aus dem Verkehr gezogen. Der geschichtsträchtige Viertelfinal-Triumph über Borussia Dortmund geriet schnell zur Nebensache. Später wurde das Verfahren jedoch eingestellt und Sakho freigesprochen.
Verhängnisvolle Sperre
Doch die vorläufige Sperre kostete Sakho nicht nur die Heim-Europameisterschaft in Frankreich und das Europa-League-Endspiel gegen den FC Sevilla (1:3), sondern auch seine Karriere bei den Reds. Zwischen Spieler und Trainer Jürgen Klopp kam es zum Bruch.
Und spätestens während der Saisonvorbereitung in den Staaten 2016/17 waren die Tage des Defensivspezialisten gezählt. Er wurde ausgemustert und in die U23 verbannt. Im Winter 2017 erfolgte ein Wechsel auf Leihbasis zum Ligakonkurrenten Crystal Palace. In London konnte Sakho letztlich überzeugen, sodass der Umzug für 28,2 Millionen Euro über die Bühne ging.
Klage wegen Verdienstausfall
Doch vergessen hat der damalige Kop-Liebling die Vergangenheit nie. Deshalb verklagt der Ex-PSG-Kapitän nun die Welt-Anti-Doping-Agentur wegen des “Drogentest-Patzers” auf 13 Millionen Pfund (umgerechnet 14,5 Millionen Euro). Konkret geht es in der Anklageschrift unter anderem um Markenverletzung und Verdienstausfall.
In der ersten Anhörung vor dem High Court teilte Sakhos Anwalt Stuart Ritchie mit, dass die Sperre nicht rechtens war und seine Einnahmen dadurch massiv belastet wurden. Zudem er musste Anwalts- und Laborrechnungen begleichen, um seine Unschuld zu beweisen.
Der Jurist fügte hinzu, dass „diffamierende E-Mails” der WADA an Journalisten in den Jahren 2016 und 2017 die These eines Dopingsünders aufrechterhielten. “Obwohl Crystal Palace ein angesehener Premier-League-Klub ist, hat er nicht den weltweiten Ruf oder die Markenbekanntheit von Liverpool”, so Ritchie weiter.
Am Ende der Anhörung ordnete der Richter an, dass das Haftungsverfahren – ob WADA fahrlässig gehandelt hat – stattfinden soll. Medienberichten zufolge sollen die Gerichtskosten deutlich über einer Million Pfund liegen.
UEFA kritisiert – WADA bestreitet
In einem späteren Bericht ging die UEFA mit der Welt-Anti-Doping-Agentur hart ins Gericht. Die Substanz stand zum Zeitpunkt der Suspendierung nicht auf der Verbotsliste. Zudem würden nicht alle WADA-Labore auf die Substanz Higenamin testen. Sakhos Probe war in Köln analysiert worden, während im schweizerischen Lausanne ein solcher Test nicht vorgesehen ist. Die UEFA kritisierte die WADA auch für deren Kommunikation mit den eigenen Laboren.
“Es ist für niemanden nur durch die Lektüre der WADA-Liste möglich – weder für die Labore, die Disziplinarkammer, die Spieler oder andere – zu wissen, ob Higenamin eine verbotene oder erlaubte Substanz ist”, hieß es im Bericht der UEFA abschließend.
Die WADA bestreitet bis heute einen Kausalzusammenhang der Talfahrt und behauptet weiterhin, Higenamin sei “eine der verbotenen generischen Substanzen”. Higenamin stammt aus Pflanzen und steht wegen seiner angeblichen stimulierenden Eigenschaften auf der “Blacklist”. Außerdem schulde man Sakho weder eine „Fürsorgepflicht”, noch habe sie seine zukünftige Karriere beeinflusst.
“Wir sagen, dass die Leihe sowie der Transfer zu Crystal Palace und die Nicht-Nominierung als Nationalspieler Frankreichs Ereignisse im Anschluss an das Disziplinarverfahren waren, und keinen ursächlichen Zusammenhang mit der behaupteten Handlung habe”, so WADA-Anwalt Shane Sibbel.
Die Chronologie des Falles Mamadou M.:
Am 20. April beschreitet Sakho gegen Everton sein vorerst letztes Spiel. |
Ende April wird bekanntgegeben, dass eine Dopingprobe vom 17. März 2016 positiv ausfiel. Diese lieferte den Hinweis auf die unerlaubte Anwendung eines Fatburners. Die UEFA verhängt daraufhin eine vorläufige 30-tägige Sperre gegen ihn, bis eine endgültige Entscheidung getroffen wird. |
Sakho verzichtet auf die Öffnung der B-Probe. |
Während der Untersuchung der UEFA wird der Innenverteidiger nicht eingesetzt, ist aber nicht suspendiert. |
Sakho verpasst am 18. Mai das Europa League Finale in Basler St. Jakob-Park. |
Am 28. Mai wird Sakho formell freigesprochen. |
Am 31. Mai benennt Frankreichs Nationaltrainer Didier Deschamps den endgültigen Kader für die EURO 2016 in Frankreich. Trotz Verletzungssorgen in der Defensive, verzichtet er auf Sakho. |
Am 8. Juli 2016 gab die UEFA endgültig bekannt, das Verfahren eingestellt zu haben, da sich die gefundene Substanz nicht auf der Verbotsliste befand. |
Mitte Juli verletzt sich Sakho an der Achillessehne. |
Ende Juli schickt Klopp den Franzosen während der US-Tour vorzeitig nachhause. Diverse Undiszipliniertheiten werden Sakho zum Verhängnis. |
Sakho ignoriert zum Ende des Sommer-Transferfensters den Rat des Trainers eine Saisonleihe bei West Bom, Stoke oder Besiktas einzugehen. |
Sakho wird daraufhin in die U23 abgeschoben. Er ist ab sofort nicht mehr Teil der Mannschaft. |
Mitte September ist Sakho laut eigenen Angaben fit, wird aber nicht berücksichtigt – auch nicht in der U23. |
In der Nacht vom 23. auf den 24. September veröffentlicht Sakho auf der Social-Media-Plattform „Snapchat“ mehrere Nachrichten und äußerte sich über seine aktuelle Lage in Liverpool. Dabei bezichtigt er die Klubverantwortlichen der Lüge. |
Ende September bestreitet Sakho erstmals wieder ein Spiel für Reds, allerdings nur für die U23. |
Ende Oktober wird das endgültige Aus besiegelt. Sakho kommt beim Liga-Pokalspiel gegen Tottenham nicht zum Einsatz. Stattdessen wird Lucas Leiva auf der Position des Innenverteidigers vorgezogen und Dejan Lovren als Ersatzmann. |
Anfang November raten Didier Deschamps und Mario Balotelli öffentlich zu einem Wechsel. |
Sakho wird im Januar an Crystal Palace verliehen. |
Am 1. September folgt der fixe Transfer zu Crystal Palace. |